The Bang Bang Club: Ein Film über Medien und Moral

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The Bang Bang Club Film Review

Der Film The Bang Bang Club erzählt die wahre Geschichte von vier südafrikanischen Fotojournalisten, die im Rahmen ihrer Berichterstattung über die Rassenunruhen vor dem Zusammenbruch des Apartheid-Regimes berühmt wurden. Liefert der Regisseur Silverman mit The Bang Bang Club das Topgun der Fotojournalistenszene ab?

Der Film The Bang Bang Club basiert auf dem Buch The Bang Bang Club: Snapshots from a Hidden War, in dem die Fotojournalisten Greg Marinovich und Joao Silva Mitte der neunziger Jahre ihre Erlebnisse als Mitglieder des legendären Bang Bang Clubs zusammenfassten. Silva und Marinovich waren Teil des legendären Kreises aus vier südafrikanischen Fotografen, die nach der Veröffentlichung eines Artikels mit dem Namen „Bang Bang Paparazzi“ des Johannesburger Living Magazine berühmt wurden.

Die Buchvorlage bietet so viel Stoff, dass man sich fragen muss, warum der Bang Bang Club nicht schon früher seinen eigenen Kinofilm bekam. Verantwortlich für die Umsetzung sind vor allem der Regisseur Steven Silver und der Schauspieler Ryan Phillippe, der selber begeistertert Hobby-Fotograf und Antreiber hinter dem Independent-Film ist.

Die Handlung

Buch und Film decken die Zeit zwischen 1990 und 1994 ab, also die Zeitspanne zwischen der Freilassung Nelson Mandelas aus der politischen Haft und den ersten gleichberechtigten Wahlen in Südafrika. Damals tobte der Kampf zwischen dem African National Congress (ANC) und der Inkatha Freedom Party (IFP) um die Vorherrschaft innerhalb der schwarzen Bevölkerung Südafrikas. Während die ANC den politischen und militärischen Aufstand gegen das rassistische Arpartheids-Regime proben, suchen die Inkatha die Zusammenarbeit mit den weißen Unterdrückern, in dem Versuch, die eigene Position zu stärken.

Der Film zeigt die Ereignisse durch die Augen (oder besser den Suchern der Kameras) der vier Protagonisten. Der Konflikt, der zunächst international keine Beachtung findet, rückt durch die mutige Berichterstattung des Bang Bang Club in den Fokus der weltweiten Medien. Um das beste Bild nach Hause zu bringen, gehen die Fotografen direkt in die Townships, dort wo der „Bang Bang“ (Schüsse) stattfindet. Mit Macheten und primitiven Waffen kämpfen die Bewohner, Häuserzeile um Häuserzeile, um jeden Meter Boden. Im Laufe des Konfliktes eskaliert die Gewalt zunehmend und beide Seiten, ANC und IFP, rüsten mit schweren Waffen auf.

Die Fotografen gehen nah ran an das Geschehen, zu nah, um nicht emotional und körperlich von den Ereignissen in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Ohne Rücksicht auf die eigene Psyche jagen sie das perfekte Bild. Sind sie Journalisten oder Adrenalin-Junkies auf der Suche nach dem nächsten Fix? Die Grenze zwischen beidem verschwimmt zunehmend.

Greg Marinovich (Ryan Phillippe) im Einsatz. Bild: Tribeca Film

Sie befinden sich stets in dem Konflikt mit der Umwelt, die teilweise ablehnend auf die Bilder reagiert, und dem eigenen Gewissen. Sie sehen es als ihre Aufgabe, von den Greultaten des Krieges zu berichten. Aus der Sicht der Öffentlichkeit überschreiten sie dabei jedoch ethische Grenzen. Wie nah dürfen Kriegsbericherstatter an diese Grenze heran? Stützen sie letztendlich gar das Regime, in dem ihre Bilder die Vorurteile der weißen Bevölkerung schüren? Lange versuchen Carter, Oosterbroek, Silva und Marinovich jegliche Zweifel von sich fernzuhalten, in dem sie sich in Arbeit, Leben und Drogenkonsum stürzen. Die zerstörerische Lebensweise fordert jedoch ihren Tribut.

So viel sei vorweg genommen: Für die Fotojournalisten Greg Marinovich (Ryan Phillipe), João Silva (Neels Van Jaarsveld), Kevin Carter (Taylor Kitsch) und Ken Oosterbroek (Frank Rautenbach) endet der Strudel, in den sie gerissen werden, in einer Tragödie. Zwei der Fotografen überleben den Einsatz im Kreuzfeuer der Kriegsparteien und der Öffentlichkeit nicht.

Film-Kritik

Der Film hat seine Höhepunkte, z.B. wenn es darum geht, die politichen Konflikte der damaligen Zeit realistisch darzustellen. Was es für ein Gefühl sein muss in seine Tätigkeit als Journalist in einem akuten Kriesengebiet zu arbeiten, wird eindrücklich vermittelt. Die Kamera ist stehts nah an den Protagonisten. Der Regisseur Steven Silver trägt die Geschichte mit furiosen Aufnahmen voran.

Die Ausstattung der Darsteller und die Auwahl der Drehorte sind perfekt gewählt, um die Atmosphäre zu tragen. Was kein Wunder ist, wurde der Film doch an den original Schauplätzen gedreht. Der Zeitgeist der 90er Jahre wird gut eingefangen. Unterstützt wird die Stimmung durch die passenden Requisiten und die Postproduktion. Das Casting der Schauspieler ist ebenfalls gelungen. Die Darsteller, die die Fotografen verkörpern, sehen ihren originalen teilweise zum Verwechseln ähnlich.

Ebenfalls ein nettes Detail: Die Kameraausstattung der Protagonisten macht ebenfalls die Entwicklung über die Jahre mit. Während im Jahre 1990 noch mit manuell-fokussierten Modellen gearbeitet wird, sind die Fotografen in den Abschlussszenen mit EOS-1 und „L“-Objektiven unterwegs. Während sich die Geschichte entfaltet, wird die Entstehung vieler der inzwischen ikonischen Bilder des Bang Bang Club erzählt.

Leider verzettelt sich das Drehbuch oft in Details. Hier hätte ein thematischer Fokus gut getan. Der Film wagt den großen Rundumschlag, zerstört aber durch seinen Ansatz, wirklich die ganze Geschichte erzählen zu wollen, den Schwung und die Dramatik. Hinzu kommt dass die Charaktere sehr flach ausgearbeitet sind und kaum eine Entwicklung durchmachen, bzw. ihnen wird der Platz dazu nicht eingeräumt wird. Die Erzählung konzentriert sich auf Greg Marinovich. Spannende Bausteine der Geschichte, wie die Beziehungsprobleme oder seine Freundschaft zu der schwarzen Familie Rapoo werden allerdings gar nicht erst thematisiert. Das Buch deckt diese relativ ausführlich ab, was zeigt, dass, das diese Erlebnisse wichtige Bestandteile der persönlichen Entwicklung für für Marinovich waren.

Andererseits sind die Charaktere im Film teilweise extrem überzeichnet dargestellt. Der Bang Bang Club lebte sicherlich ein wildes Leben. Aber er reduziert den Alltag dann doch zu sehr auf Sex, Drugs and Rock’n Roll, um noch als realitätsgetreue Darstellung durchzugehen.

Statt auf das ausschweifende Leben, hätte der Film sich eher auf einzelne Akteure beschränken sollen. Das sensible Verhältnis zwischen Ken Osterboek und Kevin Carter hätte hierfür eine tolle Grundlage geboten. Über Kevin Carter schon eine Menge gesagt und geschrieben worden, (siehe z.b. die Dokumentation The Death of Kevin Carter), wahrscheinlich wollte der Regisseur hier bewusst einen anderen Weg nehmen.

Ein Fokus auf Kevin Carter (links, Taylor Kitsch) hätte dem Film gut getan. Bild: Tribeca Film

Nicht nur in der Ausarbeitung der Protagonisten muss man Abstriche hinnehmen, auch der geschichtlich-gesellschafftliche Kontext der Zeit kommt im Film viel zu kurz. Wer hier eigentlich mit welchen Motiven gegen wen kämpft, wird nicht wirklich deutlich. Und so wird dem Betrachter auch nicht die Sprengkraft, die die Bilder der Fotografen haben, klar gemacht. Am Ende fehlt den Protagonisten dadurch die Schlüssigkeit in ihrem Handeln.

Wo das Buch eine kleine Geschichtsstunde darstellt und dem Leser, mit Hilfe eines umfangreichen Glossars, auch die Ereignisse auf dem Weg zum Ende Unterdrückung erklärt, krazt der Film nur an der Oberfläche. Bestimmte Aspekte, wie die Rolle der weißen Polizei in den Unruhen zwichen ANC- und IFP-Anhängern, werden ausgelassen. Wie sich die Gewalt auf das tägliche Leben der schwarzen Bevölkerung in den Townships auswirkte, kommt ebenfalls in der filmischen Fassung zu kurz.

Fazit

Zurück zu meiner anfänglichen Frage: Ist The Bang Bang Club ein ernst zunehmendes Portrait, oder ein Actionstreifen in Topgun-Manier?

Regisseur Silver wagt den Spagat zwischen beiden Extremen und muss vielleicht deswegen scheitern. Natürlich, Film und Buch werfen spannende Fragen auf, wie sie in einer ähnlichen Form in der berühmten Nachtwey Dokumentation War Photographer aufgeworfen werden. Der Spielfilm Under Fire thematisiert eine ähnliche Problematik, wenn auch dieser Film rein fiktiv ist.

Nun ist Jim Nachtweys Meisterstück die vielleicht ergreifendste Dokumentation, die man zu dem Thema jemals sehen wird. Und Under Fire ist stringent erzählt und Ryan Phillippe kein Nick Nolte.

Was bleibt ist eine actionreiche, mäßig unterhaltsame Story. Wer sich bereits intensiver mit der Geschichte des Bang Bang Club befasst hat oder das Buch gelesen hat, wird hier wenig neues entdecken. Er kratzt hinsichtlich vieler spannender Themen an der Oberfläche, verfehlt aber das Ziel, einen ernsthaften Beitrag zum Diskurs über die Ethik im Fotojournalismus zu leisten. Vielleicht verlangt man damit aber auch zu viel von einem Unterhaltungsfilm.

Trotzdem lohnt es sich, The Bang Bang Club anzuschauen. Er ist kurzweilig und inszeniert den grausamen Bürgerkrieg und die Arbeit der Krisenreporter in erschütternden und beeindruckenden Bildern. Und er leistet seinen Beitrag dazu uns dieses unrühmliche Kapitel der Geschichte noch einmal in Erinnerung zu rufen.

Wenn Ihr den Film noch im Kino gucken wollt, seht Euch nach einem Programm-Kino in Euerer Nähe um. Ansonsten erscheint der Film in Deutschland auf DVD und Blu-Ray am 11. Dezember 2011.

[Update 13.12.2011:]Inzwischen kann der Film über den Handel bezogen werden. Es lohnt sich.

Der Autor

Till ist Fotograf, Blogger und Betreiber dieses Blogs. Sein Interesse gilt der Dokumentarfotografie, insbesondere klassischer Streetphotography, dem New Color Movement und dokumentarischer Landschaftsfotografie.