In der Kestnergesellschaft in Hannover kann noch bis 04. November die Retrospektive von Lewis Baltzs Werk gesehen werden. Sie zeigt Arbeiten aus den unterschiedlichen Schaffensphasen des sozial-dokumentarischen Architektur- und Landschaftsfotografen. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen. Zeitgleich kann auch die Ausstellung Matrix von Tony Cragg besichtigt werden.
Die Retrospektive des Schaffens von Lewis Baltz, die in der Kestnergesellschaft in Hannover gezeigt wird, umfasst einige der wegweisenden Arbeiten des Künstlers. Gezeigt werden Serien aus den Jahren 1969 bis heute. So lässt sich die Entwicklung in Thema und Bildsprache, die Baltz in den Jahren durchlief, sehr gut nachvollziehen.
Lewis Baltz und die Dokumentarfotografen des New Topographic Movement
Im Jahre 1969 erregte Baltz erstmalig mit der Arbeit Tract Houses Aufsehen. Später war er Teil der legänderen New Topographics Ausstellung, die im Jahre 1975 im International Museum of Photography des George Eastman House stattfand. Hier kam eine Runde bahnbrechender Arbeiten unterschiedlicher Fotografen zusammen, die alle den neuartigen Blick auf die Architektur- und die Landschaftsfotografie mitbrachten.
Die Fotografen (u.a. Bernd und Hilla Becher, Stephen Shore, Henry Wessel, Robert Adams) zeichneten sich alle durch einen nüchternen dokumentarischen und konzeptionellen Stil aus. Dieser brachte trotz (oder wegen) seiner «gewöhnlichen» Sujets (industrielle und urbane Landschaften/Gebäude), eine überraschende Ästhetik mit. Einendes Element zwischen den Arbeiten war der sozial-kritische Blick auf die Lebensumstände der Menschen (in den USA) und die Wechselwirkung zwischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen und der Natur. Die Ausstellung wirkt international in diversen Strömungen bis heute nach (siehe z.B. den Einfluss auf die «Düsseldorfer Schule»). Die Ausstellung Photography Calling in Hannover, die eine Auswahl internationaler Fotografen aus dem Feld der Dokumentarfotografie präsentierte, wäre ohne die Vorlage des New Topographic Movement nicht vorstellbar gewesen (mehr Infos zu Photography Calling).
Lewis Baltz ist wohl der Vertreter jener Dokumentarfotografen, der den größten Fußabdruck in der Foto- und Kunstszene hinterlassen hat. Seine Bildsprache ist bis heute wegweisend. Er geht der Frage nach, wie der Mensch seinen Lebensraum prägt. In seinen Serien arbeitet Baltz mit der «vernacular architecture«, wie Gebäuden in Industrie-Gebieten und verlassene Fertighäuser. Abfall und Zerstörung zeigen die Auswirkungen, die der wirtschaftliche Aufschwung auf die Landschaft nimmt. In seinen Bildern fängt er die Stimmung der USA der siebziger Jahre ein und zeichnet ein dystopisches Bild des amerikanischen Traums. Später erforschte er verlassene und vergessene Orte rund um das Ballungszentrum Bay Area, San Francisco, in der Serie Candlestick Point. Zu dieser Zeit arbeitet er fast ausschließlich in schwarz/weiß.
In späteren Arbeiten lässt Baltz die Landschaft hinter sich und wendet seine minimalistische Sichtweise in Sites of Technology auf Technologiezentren weltweit an. Er arbeitet nun konsequent mit der Farbfotografie, großformatigen Bildern und Installationen. Trotz des Bruchs im Bildstil, ist die Arbeit eine konsequente Fortführung seiner ersten Arbeiten. Seine Bilder zeigen, dass der Fortschritt und Wertschöpfung sich längst von der Arbeitskraft des bröckelnden amerikanischen Mittelstandes entkoppelt hat, deren Abstieg er in früheren Serien visuell begleitete und kommentierte. Sites of Technology zeigt, dass die Geschickte der Welt werden heute in sterilen Konzernzentralen gelenkt und entschieden werden.
Der Katalog zu der Ausstellung
Zu der Retrospektive ist ein schön gestalteter Katalog erschienen. Hier werden Teile der ausgestellten Serien noch einmal präsentiert und durch Essays zu dem Werk Baltzs ergänzt.
Weitere Informationen zu der Ausstellung und dem Katalog bekommt Ihr auf der Website der Kestnergesellschaft. Die Ausstellung läuft noch bis 04. November.
RT @mittleresgrau: Ausstellung: Lewis Baltz Retrospektive in der Kestnergesellschaft Hannover http://t.co/fOiwfxeX
Lewis Baltz ist ein verdammt guter Mann! Was kostet denn der Katalog? lg, Michael
@Michael: Der Katalog kostet so um die 40 Euro. Was angesichts der Qualität, angemessen ist. Grüße Till
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